Die Blende
Ich gehe einmal davon aus, daß sich inzwischen herumgesprochen hat, welchen Einfluß die Blende auf die sogenannte Tiefenschärfe (oder meinetwegen auch Schärfentiefe) hat. Also der Bereich um den Fokus herum, den man als scharf wahrnimmt:
Einmal abgeblendet.
(hier Blende 4)
Das ist eindeutig zu wenig Tiefenschärfe, weil das wichtige "Gesicht" nicht scharf abgebildet werden kann.
Dreimal abgeblendet.
(Blende 8)
Dies ist ein guter Kompromiss. Das "Gesicht" ist gut scharf und das Hauptobjekt durch den unscharfen Hintergrund noch passabel freigestellt.
Sechsmal abgeblendet.
(Blende 22)
Diese Aufnahme hat schon zu viel Tiefenschärfe, und der strukturierte Hintergrund lenkt bereits vom Hauptobjekt ab.
Dieser Effekt ist um so deutlicher, je größer die Brennweite und je geringer die Distanz zum Objekt ist, also vorwiegend ein Problem im Makro-Bereich. Die Aufnahmen wurden mit dem alten, manuellen Micro105/2.8 mit größtmöglichem Abbildungsmaßstab (hier annähernd 1:2) aufgenommen.
Weitaus weniger bekannt ist, daß auch die erreichbare Bildschärfe teilweise extrem von der Blende abhängig ist. Wer also die maximale Schärfe aus dem verfügbaren Equipment holen möchte, kommt nicht um eine kleine Testreihe herum.
Hier wurde manuell der Kolbenkasten fokussiert. Die folgende Reihe sind Ausschnitte mit voller Auflösung aus den obigen Bildern, welche im RAW-Format aufgenommen wurden. Natürlich sind alle Bilder ungeschärft:
Blende 2.8:
Mit offener Blende liegt der scharfe Bereich gerade einmal innerhalb eines Millimeters. Das ist in der Regel viel zu wenig und nur mit einem Stativ exakt fokussierbar. Hier produziert das Objektiv auch reichlich chromatische Fehler.
Blende 4:
Selbst einmal abgeblendet ist das Ergebnis nicht wirklich befriedigend.
Blende 5.6:
Ab der zweiten Stufe produziert das Objektiv seine maximale Schärfe, zumindest bei 6 Megapixeln.
Blende 8:
Eine weitere Stufe erweitert lediglich den Tiefenbereich.
Blende 11:
Auch bei einer weiteren Abblend-Stufe bleibt die Schärfe noch erhalten. Die verfügbare Tiefe ist jedoch noch immer relativ gering und liegt unterhalb von einem Zentimeter.
Blende 16:
Ab der fünften Stufe bemerkt man bereits eine Reduktion der Schärfe. Solange nicht die volle Auflösung benötigt wird, ist das bei diesem Objektiv wohl der beste Kompromiss.
Blende 22:
Mit der sechsten Stufe schwindet bereits die Lesbarkeit der kleineren Schrift.
Blende 32:
Die siebte Stufe ist deutlich schlechter. Die Schärfe, welche durch die sechste Stufe z.B. beim hinteren Lager gewonnen wurde, ist auch schon wieder futsch.
Was wir hier beobachten, sind einfache physikalische Effekte (z.B. Diffraktion), welche durch passende Maßnahmen in modernen Objektiven korrigiert werden können. Man kann recht gut erkennen, daß bei diesem Objektiv lediglich im Bereich der Blenden 5.6-11 die maximale Schärfe erreicht wird. Für Makro-Aufnahmen ist das natürlich ein gewisses Problem.
Wenn man eine Kamera mit mehr Megapixeln einsetzt, ist dieser Effekt natürlich noch störender, weil man einfach die zur Verfügung stehende Auflösung gar nicht ausnutzen kann.
Und wenn wir schon wieder die Schärfe vergleichen, erweitern wir die Reihe noch um Beispiele, die mit den verschiedenen Speicher-Qualitäten der D70 erzeugt wurden:
Während der Unterschied zwischen Basic, Norm und Fine in diesem Beispiel kaum auffällt (weil insgesamt wenig Details aufgelöst werden müssen), so erscheint die RAW-Aufnahme ein Stück brillianter und schärfer.
Ob man am fertigen, heruntergerechneten Bild einen Unterschied erkennen kann, hängt sehr stark vom Motiv und den enthaltenen Kontrasten ab. Sobald feine Strukturen oder starke Kontraste vorkommen, hat man mit einer RAW-Aufnahme ein deutlich besseres Ausgangsmaterial zur Verfügung. Bei Motiven mit weicheren und weniger komplexen Formen, wie z.B. Blüten, wird man eventuell gar keinen Unterschied erkennen.
Die Gesamt-Ansicht wurde übrigens vom Bild in Basis-Qualität heruntergerechnet, für diesen Fall wäre das völlig ausreichend gewesen: